Die Weisheiten der Antike

Griechische Weisheiten
Die Lyriker

Herz, mein Herz, von ausweglosen
Kümmernissen wirr und wüst,
raff dich auf,
den Widersachern tritt entgegen und die Stirn
biete ihnen, laß die Hasser gegen dich anlaufen,
steh fest und breit!
Und wenn du siegtest,
prahle nicht vor allem Volk,
noch, wenn du besiegt bist, wird dich hin und jammere zu Haus,
sondern über Frohes freue und im Unglück kränke dich nicht zu sehr.
Versteh den Rhythmus, der die Menschen hebt und senkt.

Archilochus

Lerne zu werden, der du bist!

Pindar

Daß es uns gut ergeht, ist das erste Ziel;
daß man gut von uns spricht, ist das zweite Glück;
aber der beides erfährt und erhält,
er hat den höchsten Kranz empfangen.

Pindar

Sei nicht so eifrig; die Mitte ist immer das Beste!
So wirst du, Kyrnos, gewinnen das Glück,
das man so schwer nur erringt.

Theognis

Zweimal und dreimal bedenke,
was du zum Handeln dir vornimmst;
Schaden stiftet nur der Mann,
der überstürzt sich entschließt.

Theognis

Keiner der Feinde werde ich tadeln,
handelt er edel,
loben auch keinen der Freunde,
der sich nichtswürdig benimmt.

Theognis

Niemanden spende ein Lob,
bevor du genau ihn durchschaut hast,
seine Natur, sein Gemüt, seinen Charakter erkennst!
Viele besitzen ein täuschendes, listig-zweideutiges Wesen,
richten sich, klüglich getarnt,
nach dem Bedürfnis des Tags.

Theognis

Die Vorsokratiker

Es ist allen Menschen gegeben,
sich selbst zu erkennen und vernünftig zu sein.

Heraklit

Dingen, die zu sehen und zu hören Belehrung bringt,
gebe ich den Vorzug.

Heraklit

Die Grenzen der Seele wirst du nicht finden,
auch wenn du alle Wege durchwanderst.
So tiefen Grund hat sie.

Heraklit

Verständigen ist die wichtigste Tugend,
und die Weisheit besteht darin,
das Wahre zu sagen und tun in Übereinstimmung mit der Natur,
im Hinhorchen.

Heraklit

Weisheit, die sich nicht einschüchtern läßt,
ist das aller wertvollste Gut und höchster Ehre würdig.

Demokrit

Der Mensch ist eine kleine Welt.

Demokrit

Es ist für den Menschen am besten,
das Leben so viel wie möglich in Gemütsruhe
und so wenig wie möglich in Mißmut hinzubringen.
Dies läßt sich ereichen,
wenn man seine Lust nicht im Vergänglichen sucht.

Demokrit

Ursache des Bösen ist die Unkenntnis des Besseren.

Demokrit

Gut und Wahr ist für alle Menschen dasselbe;
dagegen angenehm ist dem einen dies,
dem andern jenes.

Demokrit

Nicht aus Furcht,
sondern aus Pflichtgefühl soll man das Böse unterlassen.

Demokrit

Man soll sich vor sich selbst ebenso scheuen wie
vor anderen Menschen und ebensowenig etwas Böses tun,
wenn es niemand, als wenn es die ganze Welt erfährt;
vielmehr soll man sich vor sich selbst am meisten scheuen
und der Seele das Gesetz auferlegen,
niemals etwas Unziehmliches zu tun.

Demokrit

Die Sophisten

(Protagoras sagt,)
der Mensch sei der Maßstab aller Dinge,
der Seienden, daß sie sind,
der Nichtseienden, daß sie nicht sind.

Protagoras

Die Rede ist eine gewaltige Machthaberin,
die mit dem kleinsten und unscheinbarsten Organe die wunderbarsten Wirkungen erzielt;
denn sie vermag Furcht zu verscheuchen und Leid zu bannen,
Freude zu erregen und Mitleid zu erwecken.

Gorgias

Man kann das Leben nicht wiederholen
wie einen Zug beim Brettspiel.

Antiphon

Nach der Umgebung, in der man den größten Teil des Tages zubringt,
richtet sich notwendig auch dei Entwicklung des eigenen Charakters.

Antiphon

Das Wichtigste in der Welt ist nach meiner Meinung die Erziehung.
Denn wenn man irgendeine Sache recht angefangen hat,
so ist es wahrscheinlich,
daß sich auch ein rechtes Ende nimmt.
Wie der Same,
den man in die Erde sät,
so ist auch die Ernte,
die man erwarten darf.
Wenn man in eine junge Seele edle Bildung sät,
dann sproßt das und blüht durchs ganze Leben hindurch,
und weder Regen noch Dürre kann es vernichten.

Antiphon

Die Tragiker

Wärīgut und klug für jedermann dasselbe,
Dann gäbī es keinen Streit auf dieser Welt.
Doch sind, was stimmt und gleich ist bei den Menschen.
Nur Worte: Die Begriffe sind verschieden.

Euripides

Selig der Mann, der Ekenntnis errang,
Der Forschung Gewinn.
Nie fühlt er, dem Nächsten zu schaden, den Drang
Noch treibt ihn zum Unrecht selbstsüchtiger Sinnn.
Er betrachtet der ewig lebenīgen Natur
Nie alternde Welt und folgt ihrer Spur,
Woraus und wie sie geworden.
Er öffnet des Herzens Pforten
Nie einem gemeinen Gedanken.

Euripides

Die Philosophen

Aus der Verteidigungsrede des Sokrates

Denn ich tue, während ich euch nachlaufe,
nichts anderes, als daß ich euch, die Jüngeren wie die Älteren,
dahin zu bringen suche, euch nicht zuallererst um euer leibliches Wohl und um Geld zu kümmern
und auch nicht mit solchem Eifer wie um einen möglichst guten Zustand eurer Seele,
wobei ich sage, daß nicht der Reichtum sittlichen Wert hervorbringt,
sondern der sittliche Wert Reichtum und alle übrigen Güter,
für jeden einzelnen wie für die Allgemeinheit.

Von dem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des gesamten Lebens bereitstellt,
ist das weitaus Größte der Erwerb der Freundschaft.

Epikur

Die Freundschaft tanzt rings um den Erdkreis,
ja, sie heißt uns alle aufwachen zur Seligpreisung.

Epikur

Lebe im Verborgenen.

Epikur (nach Plutarch)

Du magst meinen,
"Es steht bei mir, mich für dies oder ein anderes zu entscheiden";
indessen, wofür du dich entscheiden wirst,
ist mit in der Weltordnung befaßt;
denn dein Anteil am All ist kein Augenblickseinfall,
sondern du bist in Rechnung gestellt mit all deinen Eigenschaften.

Plotin

Wie liebenswürdig ist der Mensch,
wenn er Mensch ist.

Menander

Wenn wir uns alle stets zu Hilfe kämen,
Keinem, der Mensch ist,
fehlte es an Glück.

Menander

Römische Weisheit

Mensch bin ich;
nichts, was menschlich, acht ich
mir als fremd.

Terenz

Da ja nicht geschehen kann,
was ihr euch wünscht,
so wünscht euch,
was möglich ist!

Terenz

Sprüche
Das Heute geht beim Gestern in die Schule.
O Leben, Kurz im Glück, wie lang im Unglück!
Geliehen, nicht geschenkt ist uns das Leben.
Erwartet vom amdern, was du selbst ihm tatest.
Wer rasch den Armen spendet, spendet doppelt.
Publilius Syrus
Autoren der Kaiserzeit

Der Mensch soll dem Menschen helfen:
-das ist Gott.

Plinius der Ältere

Die Philosophie lehrt handeln, nicht reden;
sie fordert, daß jeder nach seinem Grundsatz lebe,
daß Reden und Tun im Einklang stehe.
Wähle dir ein für allemal eine Lebensregel
und richte dein ganzes Leben danach aus.
Was ist Weisheit?
Immer das gleiche wollen und nicht wollen.

Seneca

Weisheit ist der Geist in seiner Vollendung,
der zum Höchsten und Vollkommenen geführt wurde:
Weisheit ist nämlich Lebenskunst.

Seneca

Lang ist das Leben,
wenn es ein erfülltes Leben ist.
Erfüllt ist es aber,
wenn der Geist
seine gute Veranlagung ausgebildet hat
und Herr seiner selbst geworden ist.

Seneca

Warum läßt du dich durch Dinge von außen zerstreuen?
Nimm dir Zeit etwas Gutes zu lernen,
und höre auf,
dich wie im Wirbelwind umhertreiben zu lassen.
Hüte dich noch vor einer anderen Verirrung,
denn es ist auch Torheit,
sich das Leben durch zweckloses Handeln
schwer zu machen.
Man muß ein Ziel haben,
auf das sich alle unsere Wünsche,
alle unsere Gedanken richten.

Marc Aurel

Man sucht Zurückgezogenheit auf dem Lande,
am Meeresufer, im Gebirge,
und auch du hast die Gewohnheit,
dich lebhaft danach zu sehenen.
Aber das ist bloß Unwissenheit und Schwachheit,
da es dir ja freisteht,
dich zu jeder dir beliebigen Srunde in dich selbst zurückzuziehen.
Es gibt für den Menschen keine ruhigere und ungestörtere Zufluchtstätte
als seine eigene Seele.
Halte recht oft solch stille Einkehr
und erneuere so dich selbst.

Marc Aurel

Arbeite an deinem Innern.
Da ist die Quelle des Guten,
eine unversiegbare Quelle,
wenn du nur immer wieder nachgräbst.

Marc Aurel

Die Menschen sind füreinander da.
Also belehre sie oder dulde sie.

Marc Aurel

Füge dich in die Umstände,
in die du durch dein Los versetzt bist,
und den Menschen,
mit denen das Schicksal dich zusammengeführt hat,
erweise Liebe,
aber aufrichtig.

Marc Aurel



Monika Hubl-Moussa

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