Wilhelm Busch

Wilhelm Busch wird am 15. April 1832 in Wiedensahl (einem kleinen Ort westlich von Hannover) als erstes von sieben Geschwistern geboren. Später wächst er bei seinem Onkel, dem Pastor Georg Kleine auf, der in Ebergötzen bei Göttingen wohnt. Er übernimmt seine Ausbildung in Form von Privatunterricht.
Er besucht die polytechnische Schule zu Hannover, denn er soll nach dem Willen seines Vaters Maschinenbauer werden, obwohl seine Begabung mehr beim Zeichnen und Malen liegt.

1851 folgt er einem Freund an die Kunstakademie nach Düsseldorf, um sich als Maler ausbilden zu lassen. Es hält ihn aber nur kurze Zeit dort.

Er entschließt sich 1852 an die Königliche Akademie der schönen Künste in Antwerpen zu gehen. Die Werke der großen flämischen und holländischen Meister des 16. und 17. Jahrhunderts üben einen großen Einfluß auf ihn aus.

Als er an Typhus erkrankt (1853), kehrt er in sein Elternhaus zurück, um sich von der Krankheit zu erholen. Nach seiner schweren Krankheit sammelt er Volkslieder, Sagen und Märchen, die bisher mündlich überliefert wurden, um sie aufzuzeichnen und zu veröffentlichen.

Wilhelm Busch geht 1854 nach München in die Akademie der bildenden Künste und schließt sich dem Künstlerverein "Jung-München" an.
Er arbeitet 1855 für die Münchener humoristische Zeitung die "Fliegenden Blätter", und liefert viele Zeichnungen, aber auch Gedichte ab.

"Max und Moritz", ist 1865 die erste lyterarische Bildergeschichte die er Veröffentlicht und ihn Weltberühmt gemacht hat. In den folgenden Jahren erscheinen viele weitere Werke, bis er 1884 seine letzte große Bildergeschichte "Maler Klecksel" veröffentlicht.

1898 schrieb er viele Gedichte, die zu seinen Lebzeiten in der Gedichtsammlung "Zu guter Letzt" und nach seinem Tode in "Schein und Sein" veröffentlicht werden.

Wilhelm Busch stirbt am 9. Januar 1908 in Mechtshausen. In den Folgejahren erscheinen noch einige unveröffentliche Werke.

Aphorismen

Kritik des Herzens

Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich,
So hab ich erstens den Gewinn,
Daß ich so hübsch bescheiden bin;
Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritikküssen;
Und viertens hoff ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
daß ich ein ganz famoses Haus.

Wenn alles sitzen bliebe,
Was wir in Haß und Liebe
So voneinander schwatzen;
Wenn Lügen Haare wären,
Wir wären rauh wie Bären
Und hätten keine Glatzen.

Scheint dir auch mal das Leben rauh,
Sei still und zage nicht;
Die Zeit, die alte Bügelfrau,
Macht alles wieder schlicht.

Schein und Sein

Mein Kind, es sind allhier die dinge,
Gleichviel, ob große, ob geringe,
Im wesentlichen so verpackt,
Daß man sie nicht wie Nüsse knackt.

Wie wolltest du dich unterwinden,
Kurzweg die Menschen zu ergründen.
Du kennst sie nur von äußerwärts.
Du siehst die Weste, nicht das Herz.

Leider

So ist's in alter Zeit gewesen,
So ist es, fürcht ich, auch noch heut.
Wer nciht besonders auserlesen,
Dem macht die Tugend Schwierigkeit.

Aufsteigend mußt du dich bemühen,
Doch ohne Mühe sinkest du.
Der liebe Gott muß immer ziehen,
Dem Teufel fälltīs von selber zu.

Von selbst

Spare deine guten Lehren
Für den eigenen Genuß.
Kaum auch wirst du wen bekehren,
Zeigst du, wie manīs machen muß.

Laß ihn im Galoppe tollen,
Reite ruhig deinen Trab.
Ein zu ungetümes Wollen
Wirft von selbst den Reiter ab.

Die Nachbarskinder

Wer andern gar zu wenig traut,
Hat Angst an allen Ecken;
Wer gar zu viel auf andre baut,
Erwacht mit Schrecken.

Es trennt sie nur ein leichter Zaun,
Die beiden Sorgengründer;
Zu wenig und zu viel Vertraun
Sind Nachbarskinder

Vielleicht

Sage nie: "Dann sollīs geschehen!"
Öffne dir ein Hinerpförtchen
Durch "Vielleicht", das nette Wörtchen,
Oder sag: "Ich will mal sehen!"

Denk an des Geschickes Walten.
Wie die Schiffer auf den Plänen
Ihrer Fahrten stehts erwähnen:
Wind und Wetter vorbehalten!

Niemals

Wonach du sehnlich ausgeschaut,
Es wurde dir beschieden.
Du triumphierst und jubelst laut:
jetzt hab ich endlich Frieden!

Ach, Freundchen, rede nicht so wild,
Bezähme deine Zunge!
Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt,
Kriegt augenblicklich Junge.

Woher, wohin ?

Wo sich Ewigkeiten dehnen,
Hören die Gedanken auf,
Nur Herzen frommes Sehnen
Ahnt, was ohne Zeitenlauf.

Wo wir waren, wo wir bleiben,
Sagt kein kluges Menschenwort;
Doch die Grübelgeister schreiben:
Bist du weg, so bleibe fort.

Laß dich nicht aufs neue gelüsten.
Was geschah, es wird geschehn.
Ewig an des Lebens Küsten
Wirst du scheiternd untergehn.

Beruhigt

Zwei mal zwei gleich vier ist Wahrheit.
Schade, daß sie leicht und leer ist,
Denn ich wollte lieber Klarheit
Über das, was voll und schwer ist.

Emsig sucht ich aufzufinden,
Was im tiefsten Grunde wurzelt,
Lief umher nach allen Winden
Und bin oft dabei gepurzelt.

Endlich baut ich eine Hütte.
Still nun zwichen ihren Wänden
Sitz ich in der Welten Mitte,
Unbekümmert um die Enden.

Minus oder Plus

Haß, als minus und vergebens,
Wird vom Leben abgeschrieben.
Positiv im Buch des Lebens
Steht verzeichner nur das Lieben.
Ob ein Minus oder Plus
Uns verblieben,
Zeigt der Schluß.

So spricht der Weise

Der Weise, welcher sitzt und denkt
Unt tief sich in sich selbst versenkt,
Um in der Seele Dämmerschein
Sich an der Wahrheit zu erfreun...

Wer sich der Poesie vermählt...

Wie wohl ist dem, der dann und wann
Sich etwas Schönes dichten kann!
Der Mensch, durchtrieben und gescheit,
Bemerkte schon seit alter Zeit,
Daß ihm hienieden allerlei
Verdrießlich und zuwider sei...

Im Durchschnitt ist man kummervoll
Und weiß nicht, was man machen soll.-
Nicht so der Dichter.
Kaum mißfällt Ihm diese altgebackne Welt,
So knetet er aus weicher Kleie
Für sich privatim eine neue
Und zieht als freier Musensohn
In die Poetendimension,
Die fünfte, da die vierte jetzt
Von Geistern ohnehin besetzt.
Hier ist es luftig, duftig, schön,
Hier hat er nichts mehr auszustehn...

So auch der Dichter.- Stillbeglückt
Hat er sich was zurechtgerdrückt
und fühlt sich nun in jeder Richtung
Befriedigt durch die eigne Dichtung.
Doch guter Menschen Hauptbestreben
Ist, andern auch was abzugeben.
Der Dichter, dem sein Fabrikat
Soviel Genuß bereitet hat.
Er sehnt sich sehr, er kann nicht ruhn,
Auch andern damit wohlzutun;
Und muß er sich auch recht bemühn,
Er sucht sich wen und findet ihn;
Und sträubt sich der vor solchen Freuden,
Er kann sein Glück mal nicht vermeiden...

Und rauschend öffnen sich die Spalten
Des Manuskripts, die viel enthalten.
Die Lippe sprüht, das Auge leuchtet...

"Vortrefflich!" ruft des Dichters Freund;
Dasselbe, was der Dichter meint;
Und, was er sicher weiß zu glauben,
Darf sich doch jeder wohl erlauben.
Wie schön, wenn dann, was er erdacht,
Empfunden und zurechtgemacht...

Oh, wie beglückt ist doch ein Mann,
Wenn er Gedichte machen kann!

Beschränkt

Halt dein Rößlein nur im Zügel,
Kommst ja doch nicht allzun weit.
Hinter jedem neuen Hügel
Dehnt sich die Unendlichkeit,

Nenne niemand dumm und säumig,
Der das Nächste recht bedenkt.
Ach, die Welt ist so geräumig,
Und der Kopf ist so beschränkt.

Sehnsucht

... denn niemals ruht
Die Stimme in des Herzens Tiefe,
Als ob es zärtlich klagend riefe:
Sei wieder gut.

Und frisch vom Baum
Den allerschönsten Apfel brach ich.
Ich biß hienein, und seufzend sprach ich
Wie halb im Traum:

Du erstes Glück,
Du alter Paradiesesfrieden,
Da noch kein Lamm den Wolf gemieden,
O komm zurück!



Monika Hubl-Moussa

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